Untersuchungsanforderungen

1. Blutentnahme

Die Blutentnahme soll, insbesondere zur Verlaufsbeurteilung, immer zur gleichen Tageszeit durchgeführt werden. Sie erfolgt am liegenden, nüchternen Patienten. Die letzte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sollte am Vorabend zwischen 18:00 und 19:00 Uhr stattgefunden haben. Die Entnahme muss im medikamentenfreien Intervall, also vor der Morgenmedikation, durchgeführt werden.

2. Blutentnahme für die Bestimmung von Medikamentenspiegeln

  • Probennahmen sollten entsprechend der klinischen Fragestellung entweder zum Zeitpunkt der maximalen Serumkonzentration oder im Talspiegel, das heißt vor der nächsten oralen oder intravenös Gabe vorgenommen werden
  • Außerdem ist zu beachten, dass die Blutentnahmen im steady-state (Fließgleichgewicht) erfolgen, das heißt nach vier bis fünf Halbwertszeiten des Medikaments.
  • Im Normalfall wird die minimale steady-state-Konzentration kurz vor der nächsten Applikation des Medikaments gemessen.

3. Entnahmesysteme

4. Entnahmetechnik

Bei der Blutentnahme ist auf folgende Einflussgrößen und Störfaktoren zu achten:

4.1 Lange venöse Stauung:

Alle großmolekularen Bestandteile nehmen zu.
Vergleich 1 min. zu 3 min. Stauung:

4.2 Körperlage:

Anstieg der Konzentration beim Wechsel von liegender in die aufrechte Position: 

4.3 Nahrungsaufnahme:

Für praktisch diagnostische Zwecke ist ein leichtes fettarmes Frühstück ohne wesentliche Wirkung auf die Konzentration vieler Blutbestandteile. Demgegenüber gehören zu den wichtigen Vorbedingungen die Einhaltung einer 12-stündigen Nahrungskarenz vor Entnahme des Blutes zur Fettstoffwechseldiagnostik und die Aufnahme kohlenhydratreicher Kost mehrere Tage vor einem Glucosebelastungstest.

4.4 Körperliche Belastung:

Anstieg einiger Enzyme/Substrate

4.5 Diagnostische Maßnahmen:

haben vielfach Auswirkungen auf die Analysenergebnisse, zum Beispiel steigen im Glucosebelastungstest die Werte von Kalium, Phosphor und Magnesium an, intramuskuläre Injektionen bestimmter Pharmaka, wie Dolantin, Lidocain und so weiter, können zum Anstieg der CK und des Myoglobins führen; chirurgische Eingriffe erhöhen die Konzentration des CRP und der BSG.

4.6 Entnahmezeit

Eine wesentliche Tageszeitabhängigkeit zeigen Eisen, Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin, Renin, Aldosteron, Wachstumshormon, Parathormon. Bei Medikamenten können implausible Spiegel bei Abnahme kurz nach Gabe wegen ungenügender Gewebeverteilung vorkommen.

4.7 Kontamination
  • zum Beispiel Antikoagulantien bei Abnahme aus Flexülen, ZVK etc. (Verfälschung von Gerinnungstests)
  • zum Beispiel Kontamination durch applizierte Medikamente (Verfälschung der Spiegelbestimmung), Infusionen (Elektrolyt- beziehungsweise Glukoseverschiebungen, Verdünnungseffekte)
4.8 Mangelhafte Probendurchmischung:

Viele Monovetten enthalten feste oder flüssige Zusätze (zum Beispiel Gel, Citrat, EDTA, Lithium-Heparinat) zur standardisierten Konservierung beziehungsweise Ungerinnbarmachung der Probe. Nichtdurchmischung der Monovette kann hier zu Störungen beziehungsweise Nichtbearbeitbarkeit führen.

4.9 Abnahmetechnik:

Punktionsfehler, zu dünne Kanülen beziehungsweise gewaltsame Aspiration führen oft zur Hämolyse und damit zur Verfälschung von Parametern mit hohen intraerythrozytären Konzentrationen sowie Störung von Farbreaktionen durch die hämbedingte Eigenfarbe.

4.10 Ungenügende Füllung von Monovetten:

Nichteinhaltung von Mischungsverhältnissen führt insbesondere bei Gerinnungs-analysen zu Fehlern. Ungenügend gefüllte Gerinnungsmonovetten werden daher nicht bearbeitet. Die BSG-Monovette ist zur korrekten Ablesung des Ergebnisses vollständig zu füllen.

5. Gewinnung des Untersuchungsmaterials

5.1 Venöses Blut
  • Entnahmestellen
  • grundsätzlich alle oberflächlich liegenden Venen
    • der Ellenbeuge: Vena mediana, Vena basilica, Vena cephalica
    • des Unterarms:  Vena cephalica
    • des Handrückens
  • Durchführung
    • Staubinde eine Handbreit proximal von der Punktionsstelle anlegen
    • Puls muss fühlbar sein (Staudruck 50-100 mm Hg)
    • visuelle Begutachtung und Abtasten der Vene
    • Lage und Verlauf der Vene
    • Beschaffenheit der Vene
  • Auswahl getroffen?
  • desinfizieren
  • Punktionsstelle nicht mehr abtasten
  • lange Stauung lösen und neu anlegen
  • Handschuhe!
  • Schutzhülle der Kanüle entfernen
  • Schliffseite der Kanüle nach oben!
  • Einstichwinkel unter 30°
  • Haut spannen; Vene fixieren
  • Patient “vorwarnen”
  • bei Blutfluss Stauung lockern

Proben entnehmen; Reihenfolge beachten!

5.1.1. Entnahmereihefolge:

1. Blutkultur
2. Nativblut
3. Citratblut
4. Heparinblut
5. EDTA-Blut
6. Fluoridblut   

5.2 Kapillarblut:

Nur zur Bestimmungen des Säure-Basen-Haushaltes und von Blutzucker:
Gewinnung durch Punktion aus hyperämisierter Fingerbeere / Ohrläppchen. Auf vollständige, luftblasenfreie Füllung sowie Durchmischung der Kapillare achten. Umgehend gekühlt transportieren. Kapillarblut unterliegt der Hämodilution durch Gewebswasser sowie einer erhöhten Hämolysegefahr. Bei Glucose ergeben sich höhere, bei Lactat erniedrigte Werte.

5.3 Spontanurin

für qualitative beziehungsweise semi-quantitative Untersuchungen (Urinsediment, Teststreifen)
Benötigt wird Mittelstrahlurin (üblicherweise 1. Morgenurin, für Proteindiagnostik 2. Morgenurin).

5.4 Sammelurin

für quantitative Ausscheidungsuntersuchungen
Am Morgen des ersten Sammeltages wird die Blase entleert und diese Urinportion verworfen. Von diesem Zeitpunkt an wird über 24 Stunden beziehungsweise 2 x 12 Stunden in einem Urinsammelgefäß gesammelt (lichtgeschützt und kühl lagern). Am Ende der 24 Stunden wird die Blase wiederum entleert, diese Portion wird mitgesammelt. Nach Durchmischung wird ein Aliquot in 10ml Urinröhrchen in das Labor geschickt. An Sammelmenge und Sammelzeit denken!
Bei Clearance-Untersuchungen wird zudem benötigt: Serum-Abnahme.
Für spezielle Untersuchungen müssen dem Sammelurin Konservierungsmittel (zum Beispiel 10ml 25%ige HCl) vorgelegt werden. Siehe Anforderungsschein

5.5 Liquor

Abnahme in zwei beschrifteten Portionen in der Reihenfolge der Abnahme („1. Portion", „2. Portion"). Umgehender Transport ins Labor wegen Veränderung beziehungsweise Zersetzung zellulärer Elemente. Für Schrankenfunktionsdiagnostik zusätzlich Serum-Abnahme abnehmen.

5.6 Stuhl

Für die meisten qualitativen und quantitativen Stuhluntersuchungen wird lediglich eine bohnengroße Menge im Stuhlprobengefäß benötigt. Bis zum Transport kühl lagern. Häm-Occult-Tests korrekt beschriften und Diätvorschrift beachten.

5.7 Empfehlungen für den Zeitpunkt der Blutentnahme nach Infusion

6. Laboranforderungsbelege und Probenidentifikation

6.1 Voraussetzung

für eine zeitgerechte und korrekte Bearbeitung der Anforderungen sind das korrekte und lesbare Ausfüllen der Anforderungsformulare (per Papier oder elektronisch) sowie die eindeutige und verwechslungsfreie Zuordnung von Probe, Patient und Einsender erforderlich.

  • Die Identität der entnehmenden Person muss für jede Probe feststellbar sein.
  • Rückfragen über Art und Zeitpunkt der Entnahme, eventuell Problemen bei der Probengewinnung, den Zustand des Patienten und andere wichtige Einzelheiten könnten bei unklarem Befund eine Hilfe sein.
  • Für jeden Abnahmezeitpunkt wird je ein aktueller Anforderungsbeleg mit Unterschrift benötigt.
  • Notfalluntersuchungen sind nur mit einem besonderen Dringlichkeitsvermerk zu versehen.
  • Sie sind in den vorgesehenen Feldern mit dem Patientenetikett zu bekleben beziehungsweise LESERLICH zu beschriften (es erfolgt Aufbewahrung der Belege). Die Belege sind mit Kugelschreiber oder feinem Filzstift und nur in den vorgesehenen Feldern zu markieren. Bei Fehlern von belegleserfähigen Scheinen ist ein neuer Beleg zu verwenden.
  • Probenetiketten auf den Laboranforderungskarten:

Die Monovetten sind mit den entsprechenden Barcode-Probenetiketten senkrecht zu bekleben. Die Etiketten sind zur Unterstützung farblich markiert und beschriftet, das heißt das rote EDTA-Etikett gehört auf die rote EDTA-Monovette, das grüne Citrat-Etikett auf die grüne Citrat-Monovette, etc.
Durch die Probenetiketten wird die Identifikation zwischen den Proben und dem Patienten und der Anforderung hergestellt. Die Nummer auf dem Probenetikett und auf der Anforderung muss übereinstimmen. Keine Etiketten von anderen Belegen verwenden.
Fehlerhaft oder nicht beklebte Monovetten müssen grundsätzlich vom Einsender im Labor nachträglich bearbeitet werden (Verantwortung für Probenidentifizierung liegt beim Einsender).

6.2 Dringlichkeit der Anforderungen

Routineparameter und spezielle Analytik werden innerhalb der regulären Dienstzeiten des Labors bearbeitet. Der Großteil der Routineanalytik wird im Allgemeinen im Laufe des gleichen Tages abgearbeitet.

6.2.1 Notfallanalytik

Im Labor ist in der Kernarbeitszeit und während des Bereitschaftsdienstes 24 Stunden die Bearbeitung von Notfallanalysen möglich.

6.3 Gründe für Nichtbearbeitung von Analysen
  • Material fehlt (zum Beispiel trotz Blutbildanforderung EDTA-Monovette nicht im Labor eingetroffen)
  • Material nicht beziehungsweise falsch beklebt (zum Beispiel Monovetten ohne oder mit falschem Probenetikett, Formulare ohne Patientenetikett)
  • falsche Abnahme (zum Beispiel falsche Monovette verwendet, ungenügende Füllung, nicht durchmischt, u. a.)
  • zu wenig Material (Material reicht für angeforderte Analytik nicht aus)
  • Material geronnen (infolge Nichtdurchmischung)
  • Methode aufgrund Probeneigenschaften nicht durchführbar (zum Beispiel Trübung, Lipämie, ikterisches Material, Hämolyse)

7. Lagerung und Transport

Blutproben so rasch als möglich ins Labor bringen und analysieren
Ein maximaler Zeitraum von einer Sunde zwischen Blutentnahme und Abtrennung von Serum/Plasma durch Zentrifugation sollte nicht überschritten werden.
Für längere Lagerung sollte das Serum/Plasma bei +2-4°C gelagert werden.
Über längere Zeiträume können Serum/Plasmaproben bei -20°C/-70°C gelagert werden
Für längere Transportwege spezielle Kühltransportbehälter benutzen (bei Fremdversand)
Als Diffusionsbarrieren verhindern nach Zentrifugation Trenngele oder Filter eine Diffusion von Stoffen aus den Erythrozyten in das Serum/Plasma.
Für eine Reihe von Analysen (zum Beispiel bestimmte Gerinnungsabnahmen, Hormone und vieles andere) müssen besondere Hinweise zu Lagerung und Transport beachtet werden. Diese sind in den Labor-SOP‘s aufgeführt.

8. Nachmeldezeit

Nachmeldungen erfolgen üblicherweise am gleichen Tag.

9. Befundmitteilung

Übermittlung per Druck und per EDV.
Notfallbefunde und Befunde außerhalb der Alarmgrenzen werden telefonisch mitgeteilt.

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